Eine Ode an die Funkdisziplin

Das erste Mal, dass ich den Begriff „Funkdisziplin“ gehört habe, war in Geschichten, von ehemaligen Wehrdienstleistenden, die zu Zeiten des Kalten Krieges Ermahnungen wie „Wahren Sie Funkdisziplin!“ aus den kratzenden Lautsprechern hörten. Damals habe ich noch geglaubt, dass es dabei immer um die strikten Regeln und Befehle eines militärischen Funkbetriebs geht. Doch mehr und mehr ist mir aufgefallen: Es gibt universelle Regeln, die jeder bei unserer speziellen Art der Kommunikation einhalten sollte, um sie für alle angenehm und nützlich zu gestalten.

Meine eigenen ersten direkten Erfahrungen war die „Regeln“ des CB-Funk. Die wichtigste, universelle und absolut gültige Regel ist und bleibt dabei:

„DENKEN – DRÜCKEN – SPRECHEN“ und das in genau dieser Reihenfolge. [ Übrigens ein kleiner Seitenhieb am Rande: Weil das neue BOS-Digital Netz so gut funktioniert, und die synchronisierung am Anfang einer Aussendung gerne mal die ersten Worte verschluckt, habe ich mir erzählen lassen, dass auf einigen Funklehrgängen im BOS-Funk bereits „DENKEN – DRÜCKEN – SCHLUCKEN – SPRECHEN“ propagiert wird. ]

Das meiste andere sind dann Details, um das optimal umzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel die Pausen zwischen Durchgängen. In diesen Pausen, wenn eine Station ihren Durchgang beendet hat und bevor die nächste angesprochene Station ihren Durchgang beginnt, kann sich eine dritte Station mit „Mitteilungsbedürfnis“ durch das kurze Ausrufen von „Break“ (engl. für Pause), oder noch kürzer nur „X“ im CB-Funk und im Amateurfunk durch das kurze nennen des eigenen Rufzeichens herein melden. Hat eine der Stationen im Gespräch diesen Einwurf gehört, kann sie zu gegebener Zeit die neue Station aufrufen und damit „ins Boot“ holen. Dies ist nur ein konkretes Beispiel einer guten Regel (Pausen machen) und die Antwort nach dem „Warum?“. Weitere einfache Regeln findet ihr am Ende des Beitrags.

Mein Problem mit der Funkdisziplin im CB-Funk war besonders wie individuell unterschiedlich sie gehandhabt wurde. Jede Runde hatte andere Vorstellungen und Regeln; manche lebten und liebten das Chaos auf dem Kanal. Ein Fauxpas war schnell gemacht, Fettnäpfchen lauerten überall und man war schnell der „Streber“, der zu sehr auf die Form achtete oder der „Idiot“ der es einfach nicht richtig machen konnte.

Dennoch schreckten mich die Geschichten der CB-Funker zu den „strikten Regeln“ der Amateurfunker lange davon ab mich wirklich mit dem Amateurfunkdienst auseinander zu setzen. Es klang stets viel komplizierter als er nun ist und schrecklich umständlich.

Die Realität sieht dann in zweierlei Hinsicht ganz anders aus. Zunächst sind viele der Regeln im Amateurfunk sehr einfach und durch den gesunden Menschenverstand jederzeit herzuleiten. Vieles davon wird allein in den Fragen der BNetzA zur Prüfung vermittelt und der Rest ist schnell im Alltag erlernt. Der zweite reale Unterschied liegt im praktischen Betrieb: Auch Amateurfunker kochen nur mit Wasser.

Vor kurzem habe ich im Rahmen der Ausbildung einen Neuling mit DN1KR (meinem Ausbildungsrufzeichen) auf DB0JJ „geschubst“ und wie es auch sein soll waren gleich mehrere Stationen begierig darauf mit dem Neuling zu sprechen. Danke an euch alle dafür! Mir, der im Hintergrund saß und zu hörte, fiel aber enorm auf wie mangelnde Funkdisziplin den Neuling verwirrte oder ausbremste. Am Ende von manchem Durchgang war nicht klar, wer nun als nächster Sprechen durfte und besonders wenn es dann an DN1KR gewesen wäre, wurde kaum Sekunden gewartet, ob auch etwas kam, sondern sofort dazwischen geredet. Konkrete Anfragen wurden übergangen und Stationen identifizierten sich nicht deutlich, sondern gingen davon aus, dass man sie an ihrer Modulation erkennen würde. Ich will hier nicht zu viel meckern, ich bin selbst sicher oft nicht besser und muss ja auch zugeben, dass im alltäglichen Betrieb einiges davon offen gesagt echt nervt und Zeit kostet. Aber ich habe so wieder gemerkt, wie wichtig all unsere Regeln sind.

Aber damit nicht genug, wir machen das ja „“““nur““““ als Hobby. Die Realität in den komerziellen Funkanwendungen ist wohl teilweise auch gruselig. In den USA wurden zum Beispiel weite Bereiche des BOS-Funk von Zahlencodes zu offener Sprache umgestellt, weil die besagten Zahlencodes nichtmal zwischen Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten gleich waren. Das Resultat waren lange Durchgänge, „sinnlose Füllwörter wie Bitte, Danke“ und andere Probleme, die die Organisatoren des Funkverkehrs ganz schnell wieder dazu brachten erheblich mehr zu standartisieren und reglementieren.

Den Vogel schießen aber mal wieder Filme und Serien ab. Nicht genug, dass der Umgang mit (professionellem) Gerät wie Waffen, Werkzeugen oder Fahrzeugen völlig falsch dargestellt wird. Auch die Kommunikation in Gruppen und Organisationen wird absichtlich entstellt, um Geschichten überhaupt erst möglich zu machen. Der Funk und der Umgang mit Funkgeräten sind da keine Ausnahme. Die Hälfte aller „spannenden“ Szenen in Krimis wäre völlig unspektakulär, wenn die „Helden“ sich zum Beispiel kurz bei der Zentrale melden würden, BEVOR sie ein dunkles Gebäude untersuchen. Würden Hollywoods Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit auf hochgradig emotional aufgeladenes Gesabbel am Funkgerät verzichten und statt eines „Telefonats“ mit Nettigkeiten und dramatischen Pausen einfach mal zum Punkt kommen, wären alle anderen über die bösen Aliens informiert, die das Schiff angreifen oder die Knöpfe, die dringend JETZT gedrückt werden müssen. Klar, ich will ja auch dass es spannend ist, aber manchmal ist es wirklich einfach zu blöd.

Und ich denke genau, dass das auch die „Moral“ meiner Gedanken ist: Die „Funkdisziplin“ ist ein zweischneidiges Schwert. Sie soll uns den Spaß nicht nehmen, macht ihn aber zu einem gewissen Grad erst möglich. Ich frage mich nur: Können wir „umschalten“ wenn wir sie brauchen? Ich habe oft das Gefühl, dass viele das nicht können und das ist schade.

Ich denke im Alltag auf dem Relais dürfen wir uns ne Menge Quatsch gönnen. Besonders, wenn auf einem Relais nicht zu viel los ist. Aber wenn es um einen konkreten Nutzen geht, den uns der Funk bieten soll, oder wenn es um einzelne, (wichtige) Funkverbindungen beim DX-Verkehr oder ähnlichem geht, dann muss Funkdisziplin her.

Nun aus meiner begrenzten Erfahrung, zum Schluss ein Paar Grundregeln und Tipps für bestimmte Situationen in unsortierter Form:

  • Anruf (Station X will mit Station Y reden): „Y für X“ so weiß jeder zu Beginn einer Übertragung wer mit dem folgenden gemeint ist und kann gut zuhören, wer ihn da ruft. Bei „X ruft Y“ geht das schnell verloren.
  • Identifiziert euch oft genug und verständlich. Klar, die meißten kennen euch, und ihr habt euer Rufzeichen schon so oft genannt, dass es mittlerweile eher wie ein Wort klingt, als eine Aufzählung von Zahlen, ABER Neulinge (mich inbegriffen) haben häufig große Probleme damit diese genuschelten Rufzeichen zu verstehen. Und wenn ihr Buchstabiert, nutzt bitte das Natoalphabet, ich glaube fest an den Nutzen eines Standards.
  • Verliert nicht den Spaß! Nur weil man korrekt nach jemandem gerufen oder das Mikrofon übergeben hat, heißt das nicht, dass man danach nurnoch wichtige Dinge besprechen oder keinen Blödsinn machen darf.
  • Macht deutlich wer als nächster nach eurem Durchgang sprechen darf. Es gibt viele andere Regeln, aber diese, bzw. ihre Nichteinhaltung, ist meiner Meinung nach verantwortlich für einen großteil des Chaos auf den Relais, wenn denn mal mehr als 2 Leute QRV sind.
  • Achtet auf eurer Gegenüber, besonders bei Neulingen sollte man die Betriebstechnik sehr deutlich halten.
  • Vergesst niemanden. Ich finde es immer wieder unschön, wenn eine Mobilstation endlich mal ein Relais mit „etwas Neuem“ belebt und dann nach einem Durchgang das Mikrofon zwischen Zwei Ortsfesten Station hin und her geschoben wird. Ich persöhnlich drehe dann als der Mobilist öfter weg oder ganz aus. Übrigens ist diesem Verhalten eine eigene Frage bei der Prüfung zum Amateurfunk gewidmet.

Wenn ihr irgendeine Art von Einsatz habt, sei es eine Kollonnenfahrt, die Absicherung einer Strecke (z.B. für einen Lauf) oder wenn ihr grade eine Flotte correlianischer Korvetten gegen die Sternenzerstörer des intergalaktischen Imperiums führt:

  • Nutzt zusätzlich zu den Rufzeichen (oder beim CB-/ PMR-Funk die Namen), die immer nur eine einzelne Person beschreiben, auch noch Rufzeichen für bestimmte Positionen, Abschnitte oder Gruppen. Ein Beispiel: Die Amateurfunker von Hermsdorf, sichern regelmäßig den >Holzlandlauf< ab. Will jemand nun wissen was an einer bestimmten Position (z.B. dem Zieleinlauf) los ist, so ruft er nach dem Zieleinlauf. Auf diese Weise ist es egal, wer dort grade am Funkgerät sitzt. Wenn man nach einer konkreten Person ruft, von der man glaubt, sie sitze am Zieleinlauf und die Person ist ganz simpel grade mal auf dem Klo, so verliert man Zeit um entsprechendes zu erklären, oder weil alle Beteiligten sich vor Lachen kaum halten könen, weil die angesprochene Person sich „lautstark“ vom Klo meldet.
  • Wenn ihr mehr als 3 oder 4 Gruppen oder Personen seid, denkt darüber nach eine Zentrale zu bestimmen. Die Zentrale hat beim Funkverkehr Vorrang und sollte so geartet sein, dass jeder Teilnehmer die Zentrale sicher erreichen kann. So kann die Zentrale Ordnung ins Chaos bringen und vorallem Nachrichten weiterleiten.
  • Fasst euch Kurz, oder bestimmt einen zusätzlichen Quasselkanal. Dabei muss aber sichergestellt sein, dass alle jederzeit auf dem Hauptkanal QRV sind.
  • Redet Klartext. Codes sind zwar cool und können Kommunikation sehr kurz und präzise machen, aber sie müssen auch gelernt und geübt werden. Wenn ihr häufig ähnliche Aufgaben in einer festen Gruppe erfüllt, könnt ihr darüber nachdenken, aber für Anfänger oder „Gelegenheitstäter“ ist einfache, offene Sprache oft viel leichter.
  • Nutzt je nach Umgebung Kopfhörer und oder Headsets, damit ihr immer alles hören könnt, aber die Umgebung nicht unnötig beschallt wird. Manchmal verbreiten sich auch durch halb gehört Funksprüche die lustigsten oder übelsten Gerüchte.
  • Macht Pausen zwischen den Druchgängen! Wenn eine Station fertig ist mit Senden, muss klar sein, wer als nächstes dran ist oder dass das Gesprch vorrüber ist. Falls es weiter geht, sollte die nächste Station einen kurzen Moment warten, damit andere Stationen mit vllt dringenden Nachrichten dazwischen kommen können.
  • Nutzt „Break Tags“. Das sind vorher verabredete kurze Signalwörter, die Ihr in der Pause (s.o.) zwischen den Durchgängen anderer Stationen einwerfen könnt. Das einfachste wäre hier euer Rufzeichen, um klar zu machen, dass ihr direkt im Anschluss an dieses Funkgespräch etwas zu sagen habt. So weiß die Zentrale bescheid und kann euch danach gleich aufrufen und andere Stationen fassen sich vllt etwas kürzer wenn sie wissen, dass noch jemand anderes etwas zu sagen hat. Darüber könnt ihr dann eine Hierarchie der Dringlichkeit aufbauen (denkt dran, Klartext macht oft mehr sinn, als z.B. Zahlencodes s.o.). Weitere „Break Tags“ könnten zum Beispiel „Frage“, „Antwort“ oder „Information“ stehen. Ganz oben angesiedelt wäre natürlich „Notfall“.
  • Generell solltet ihr mehr als nur einen Kanal zur Komunikation nutzen und zur Verfügung stellen, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Wem noch mehr einfällt, kann seine Tipps gerne in die Kommentare schreiben!

 

2 comments for “Eine Ode an die Funkdisziplin

  1. pom
    21. August 2017 at 12:15

    Konrad, wie wahr…
    Wie ungern erinnere ich mich an die belgische YL, die meinte, trotz ihres Sprachfehlers irgendeine Fantasie-Buchstabiertafel benutzen zu müssen. Es hat tatsächlich Minuten gedauert, bis ich ihr CS korrekt aufgenommen hatte. Die Verbindung hätte trotz Sprachfehlers in 20 Sekunden komplett sein können, wenn sie sich an ITU-Standards gehalten hätte.

    Deutsche Funkamateure, die Ihr Rufzeichen nicht nach ITU-Tafel buchstabieren, begehen übrigens eine Ordnungswidrigkeit (Vgl. Vfg. 13/2005 BNetzA). Hätten Sie’s gewusst? Ob das Vergehen in einem Bußgeldkatalog steht, weiß ich aber gerade nicht. 😉

    Erwähnens- und ergänzenswert wäre noch die IARU Weak Signal Procedure (Kapitel 6.2 im [url=https://www.darc.de/fileadmin/filemounts/referate/vus/iaru/VHF_Handbook_V7_51.pdf]IARU VHF Managers Handbook[/url]). Wenn beide Seiten diese Prozedur kennen, anwenden und etwas Geduld haben, wird nahezu Unmögliches möglich. Sobald die Signale richtig leise werden (oder ein mieses S/N haben), sollte man zumindest mal von der Prozedur gehört haben. Nicht, dass man sich vergackeiert fühlt und abschaltet, wenn die Gegenstation seit vier Durchgängen stur immer wieder die exakt gleiche Information aussendet.

    Ahoi!
    Pom

  2. Steffen (DG0MG)
    29. August 2017 at 11:11

    „..Auch Amateurfunker kochen nur mit Wasser.“
    “ ’strikten Regeln‘ der Amateurfunker ..“
    „… Die Amateurfunker von Hermsdorf …“

    Es sind Funkamateure gemeint.

    Bitte diesen wichtigen Unterschied beachten.
    http://www.darc.de/der-club/distrikte/r/ortsverbaende/14/amateurfunker-oder-funkamateur/

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