Da Funkgeräte bekanntlich Rudeltiere sind, und nicht allein gehalten werden sollten, hat sich bei jedem von uns eine Gewisse Anzahl von Geräten angesammelt. Deshalb gibt es diese Kategorie: Kurze, übersichtliche Reviews verschiedenster Geräte, klein oder groß, Station oder Handfunk, billig oder teuer. Heute:
Baofeng BF-888S
Dieses Gerät wird bei allen großen Händlern angeboten, zum Teil einzeln, zum Teil als Set mit 2, 4, 8 oder noch mehr Geräten. Der Name ist dabei Baofeng, Profung, oder viele andere unbekanntere Labels. Dabei liegt der Preis inklusive Akku, Ladegerät und abnehmbarer Antenne meist unter 10 Euro pro Gerät. Dabei wird natürlich die Lizenznotwendigkeit* unterschlagen. Aber taugt das Gerät evtl als „verlierbares“ Unterwegsgerät?
Erster Eindruck: Die Geräte sind billig, im Preis wie in der Verarbeitung. Der Akku geht eher schwer in seine Halterung, und sitzt nicht perfekt. Das Gerät ist klein und leicht, was nicht unbedingt ein Nachteil sein muss. Es fühlt sich allerdings auch sehr billig an – eher wie ein Spielzeug. Die Drehknöpfe sind leichtgängig und kratzen nicht. Der Deckel für den Anschluss des Headsets (bzw. des Datenkabels) ist aus Gummi und gefällt mir besser als der vom UV5R, da dieser aus Hartkunststoff ist und im Weg, wenn man etwas dort anschließt. Auf der Antenne steht „High Gain“, was offenbar Quatsch ist – aber sie funktioniert. Wie üblich bei Baofeng ist das SMA-Männchen am Funkgerät und das Weibchen an der Antenne, also „falschrum“, was jedoch nicht mit SMA-R zu verwechseln ist. Es handelt sich um einen normalen SMA-Anschluss, nur sind die beiden Hälften vertauscht in Relation zu z.B. Yaesu und anderen großen Herstellern.
Die Ladestation ist sehr leicht, und beim Stromkabel fällt auf dass dieses extrem dünn und nur einmal isoliert ist – das ist vermutlich etwas weniger, als zugelassen wäre, wenn man sich um Zulassungen scheren würde. Auf der Unterseite steht 5V, heraus kommen etwa 4,8V – das kann man nur so hinnehmen. Die Innereien des Ladegerätes sind wenig vertrauenserweckend, aber funktional. Ich würde empfehlen, das Ladegerät NICHT unbeobachtet an der Steckdose zu lassen.
Auffällig ist auch der sehr leichte Akku, der leider fest verschlossen ist. Für einen einzelligen 1500mAh-Akku (zumindest laut Aufdruck) ist er sehr groß, hier wäre Platz für mehr gewesen. Die echte Kapazität, gemessen mit einem Lipo-Charger, liegt bei rund 700 mAh. Auf den Ladekontakten auf der Rückseite steht die volle Akkuspannung, was eine Kurzschlussgefahr birgt wenn das Gerät z.B. mit Schlüsseln zusammen in einer Tasche landet – aber das ist nicht nur bei Baofeng so, sondern auch bei vielen anderen Geräten.
Ein einfaches Headset, ein sehr weicher Gürtelclip und ein Handgelenkbändchen liegen bei.
Bevor ich auf die PTT drückte, wollte ich wissen auf welchen Frequenzen das Gerät eingerichtet ist. Das dazu benötigte Datenkabel hatte ich bereits, es liegt KEIN Datenkabel bei. Es scheint so dass alle 888S auf die gleichen 16 Kanäle programmiert sind, welche sich alle im 70cm Bündelfunk-Bereich befinden – das ist in Deutschland natürlich nicht legal. Ich programmierte die Frequenzen der lokalen Repeater ein, und dann konnte ich loslegen.
Die ersten Rapporte waren positiv, das Gerät funktioniert also. Schön! Die Modulation scheint etwas leise zu sein, ist aber ausreichend. Der Ton aus dem Lautsprecher ist laut und deutlich. Die Position des Kanalwählschalters ist schlecht zu sehen, aber das Gerät hat eine Sprachausgabe mit einem starken chinesischen Dialekt (diese kann deaktiviert werden). Weiterhin gibt es eine Monitor-Taste (diese kann auch umbelegt werden, um z.B. die Leistungsstufe umzuschalten) und eine Taschenlampen-LED mit Blinkfunktion. Als letztes fällt noch eine Bicolor-LED auf, diese ist aus im Ruhezustand (man kann also nicht sehen, dass das Gerät an ist, wenn man nicht auf den Lautstärke-Knopf schaut), grün bei Empfang und Rot beim Senden.
Das Gerät hat zwar zwei Leistungsstufen, aber es scheint als wenn auf beiden Stufen mit etwa 1,5W gesendet wird. Entgegen anderslautender Angaben habe ich es nicht geschafft, dem Gerät einen 1750Hz-Ruf zu entlocken. Kanäle, welche in der Software unbelegt sind, erzeugen einen Piepton wenn man sie versehentlich anwählt. Es gibt eine Scan-Funktion: Wenn man auf den 16. Kanal verzichten kann, kann das Gerät so konfiguriert werden dass bei Auswahl von Kanal 16 alle anderen Kanäle gescannt werden. Außerdem gibt es eine VOX.
Einige Einstellungen lassen sich auch ohne Software verändern. Dazu wird ein bestimmter Kanal eingestellt, und dann beim Einschalten des Geräts die PTT- bzw. Moni-Taste gedrückt. Dies ist ganz praktisch zum (de)aktivieren der VOX oder der Scanfunktion.
Das Gerät hat außerdem einen Voice Scrambler, desse Nutzung ebenfalls nicht zulässig ist.
Sowohl CTCSS als auch DCS werden sende- und empfangsseitig beherrscht.
Der Druckpunkt der Tasten und die Drehknöpfe sind überraschend angenehm, auch wenn das „overall feeling“ wie gesagt eher an Spielzeug erinnert.
Es gibt offenbar verschiedene Hardware-Varianten, und auch eine VHF-Version. Ich experimentiere gerade ob sich aus dem gerät ein Duobander machen lässt – falls ja, erscheint dazu sicher ein weiterer Artikel. Die Programmierung im allgemeinen ist mit CHIRP am einfachsten zu bewerkstelligen, alternativ gibt es auch eine Software von Baofeng.
- Pro:
- Preis
- Größe
- Contra:
- Sicherheit des Ladegerätes
- kleiner Akku
- schlechte Qualität
- geringe Sendeleistung
Fazit: Bei diesem Gerät bin ich etwas zwiegespalten. Die Qualität ist nicht überragend, aber der PReis ist auch sehr gering. Das Gerät funktioniert fraglos, ist aber offenbar eher ein Spielzeug als ein ernst gemeintes Funkgerät. Der Kanalwahlschalter ist eine gute Alternative zur Tastenbedienung und kommt gut ohne Display aus. Trotz des kleinen Akkus hält das Gerät eine ganze Weile durch – aber ich bin nicht sicher, obich mich im Ernstfall darauf verlassen würde.
ich vermisse vor allem einen 1750Hz-Ruf, welcher angeblich durch gleichzeitiges Drücken der PTT und Moni-Taste erzeugt werden soll. Das funktioniert bei mir leider nicht. Auch eine evtl. deaktivierbare LED als Einschaltanzeige wäre schön gewesen. Dafür könnte ich auf die Taschenlampe verzichten und würde die daurch freigewordene Taste lieber mit anderen Funktionen belegbar machen.
Insgesamt also ein Gerät das funktioniert, aber keinen Spaß macht – ich würde wohl eher abraten.
*Lizenznotwendigkeit: Aufgrund verschiedener Diskussionen in verschiedenen Foren sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass es keine Möglichkeit gibt diese Geräte in Deutschland legal zu betreiben, wenn man nicht lizensierter Funkamateur ist oder eine andere Funklizenz hat, bei der frei programmierbare Geräte genutzt werden können. Das Umprogrammieren der Geräte auf PMR-Frequenzen reicht NICHT aus, da bei PMR nur zugelassene Geräte benutzt werden dürfen. Von dieser Regelung gibt es keine Ausnahmen, auch nicht für dieses Gerät, auch nicht für Ballonfahrer, auch nicht für Jäger, auch nicht für alle anderen, die das „brauchen“, auch nicht für die Kinder die das Gerät nur zum Spielen nutzen. Die Chance erwischt zu werden ist natürlich gering, aber die Strafen sind drakonisch, der Betrieb dieses Gerätes ohne Lizenz kann mehrere tausend Euro kosten. Interesse daran, eine Lizenz zu machen? Kontaktiert uns!