Motorradfunk – Technik und Philosophie

Ich funke gern, ich fahre gern Motorrad, was liegt also näher als beides zu verbinden. Motorrad + Funk = Motorradfunk. So einfach. Für mich hat dieses Thema viele Ebenen und ich werde diesen Artikel daher entsprechend unterglieder. Ich gebe mir Mühe jeden Bereich so zu halten, dass jeder nach eigenem Gusto einzelne Teile meines Geschwafels übergehen kann.

Ruhe und Freiheit vs. Sinn und Nutzen

Zunächst steht die Frage nach dem „Warum?“ bzw. nach dem „Ob überhaupt“. Für mich war es immer schon faszinierend gewesen, Bud Spencer und Terence Hill also Motorrad Cops in Miami herumcruisen zu sehen – inkl. Funkgerät. Selbst die Honda Goldwing fand ich faszinierend, weil es die Möglichkeit eines ab Werk verbauten CB-Funkgeräts gibt.  Als Ewan McGregor und Charly Boorman in Long Way Round um die Welt fuhren, konnten die beiden ohne weiteren Kommentar dazu miteinander reden. Vollduplex. So oder so, noch bevor ich selber Motorradfahren durfte, wusste ich, dass man dabei auch mit dem Sozius oder anderen Leuten reden kann und fand das ziehmlich cool. Erst später – im Gespräch mit anderen Motorradfahrern – schlug mir eine Welle der Ablehnung jeder Form von Kommunikation auf dem Motorrad entgegen. Ausgenommen natürlich der Versuch durch hektisches Fuchteln oder lautes Brüllen an einer Ampel wichtige Details an andere zu übermitteln. Meinem Drang (wichtige) Informationen wie z.B. Straßenschäden, Routenänderungen oder Ähnliches zu übermitteln oder Überholmaneuver zu Koordinieren, steht der Wunsch nach Ruhe, Ungestörtheit, Freiheit und Zeit für sich selbst entgegen. Für viele Menschen ist es eine Horrorvorstellung auch noch beim Motorradfahren belabert zu werden. Ich kann das zu einem gewissen Grad auch nachvollziehen, aber ähnlich wie beim Smartphone denke ich, dass man die Geräte dafür auch mal Stumm oder ganz Aus schalten kann. Unabhängig von der Erwartung an das Motorradfahren kann man natürlich auch den Sicherheitsaspekt ansprechen. Ein simples „Ölfleck!“, „Ist frei kannst überholen“ oder „Links du Pfeife!!! Kannst du nicht mal einer Bundesstraße überland folgen? Immer musst du mit deiner verdammten Enduro auf irgendwelche Schotterpisten fahren, ich fahre einen SPORTTOURER, einen SPORTTOURER und keine BMW GS. Ich hab echt die Faxen Dicke du Egomane, ab jetzt fahre ICH vorne weg!“ kann einem sicher das Leben erleichtern oder im Extremfall sogar retten. ABER alles was einen weiter ablenkt und die Konzentration vom Fahrgeschehen abzieht, kann einen auch erst in Extremsituationen bringen. Ein einfaches Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: Drei Motorräder mit Funkverbindung, eine wunderschöne Kurve im Wald und das herrliche Geräusch von Fußrasten die den Asphalt küssen. Mitten in dieser langgezogenen Rechtskurve blägt plötzlich ein lautes, übersteuertes „Schääääfffcheeeen“ in den Helm. Den anschließenden Bremstest, haben Fahrer und Motorrad mit Bravur gemeistert, aber unnötig und gefährlich war das Manöver trotzdem. Ich könnte jetzt eine lange Pro und Kontra Liste schreiben und noch mehr objektive Argumente für und wider finden, aber am Ende bleibt für mich: Motorradfahren hat viel mit Emotion und Gespür zu tun. Ob man dabei also Kommuniktaionsmittel nutzen möchte, muss jeder für sich selbst entscheiden und dann mit allen Folgen leben.

Meine Geschichte

Ich habe meine ersten Funkerfahrungen mit PMR und CB-Funk gemacht (in dieser Reihenfolge). Als mit 18 dann der Motorradführerschein und eine Einzylinder BMW F650GS (Baujahr 2002) mein Eigen waren, stand die Frage aus, wie rede ich jetzt mit Robin (DK6KR) oder meiner Freundin (jetzt Frau)? Meine XYL war begeisterte Sozia und Robin hat mindestens genausowenig Restblut im Benzin wie ich. Da wir glücklicherweise auch beide völlig verstrahlt waren bzw. sind, hatten wir das ein oder andere Gerät schon da. Damals Motorola TLKR T7 PMR Funkgeräte. Von >Albrecht (BHS Serie)< gab es schon damals für diese Geräte passende Motorradheadsets komplett mit PTT, wasserdichten Steckern und Mikrofon / Lautsprecherkombo zum Helmeinbau. Das Funkgerät selber landete in einer Jackentasche oder dem Tankrucksack. Die Übertragungsqualität war erstaunlich gut und schon hatte ich die Chance mit meinen Schulfreunden zu reden, während wir den Odenwald auf Zweirädern erkundeten. Wer fehlte? Ja, meine Sozia. Klar, man hätte jetzt ein weiteres PMR Funkgerät für Sie anschaffen können etc. aber es wurde stattdessen ein Albrecht AE600S Intercom fürs Motorrad. Details zur Technik findet sich dann im nächsten Abschnitt. Ich persöhnlich habe es immer genossen, wenn es eine Möglichkeit zur Kommunikation gab und dank einfachem Einbau, konnte ich nun auch andere Leute mit dem Motorola PMR Gerät versorgen, während bei mir ein Albrecht TacTalk Contact 2 am Intercom angeschlossen war. Außerdem war die Möglichkeit Musik zu hören oder mit dem Fahrer reden zu können ein weiteres Plus für etwaige Mitfahrer. 01c331bec78efc61bec889aa906cdf36e0c32a51b8Auf längeren Touren benutze ich mittlerweile mein Handy als Navi, um schöne Routen zu finden und einfacher zu Navigieren. Ein Intercom wie das AE600S ermöglicht all das gleichzeitig und macht das Fahrern für mich damit noch besser. 01351b1cd08f4a2707cec2453df404c3c12f1c7185Mit dem CB-Funk sollten auch größere Antennen Platz am Motorrad finden, und ich habe auch erste SEEEEHR provisorische Lösungen gefunden, aber am Ende war es nicht das was ich regelmäßig brauchte und so verschwand das Rohr mit der LKW-Spiegelhalterung schnell wieder in der Garage.DSC03368. Als nun endlich der Amateurfunk fester Teil meiner Hobbies wurde, hielten mich viele andere Verpflichtungen vom Motorradfahren ab. Es hat also bis Mitte 2017 gedauert, bis ich mich endlich an ein Projekt machen konnte, das schon lange in meinem Hinterkopf herum geisterte: Motorrad + Amateurfunk = ? Nun, an sich ist es recht einfach, denn mit einem einfachen Adapter, kann das AE600S auch mit meinem Yaesu FT-1XDE verbunden werden. Und damit sind wir bein Status Quo (09-2017). 01888be5e06540dd130ec644b6670a96d55d1f44c8Aus gesundheitlichen Gründen, konnte ich dieses Jahr nur ohne Robin DK6KR 1650km durch Deutschland touren und hatte daher leider nicht ein einziges QSO bis ich wieder kurz vor Jena war. Dort konnte ich zumindest mit DO1AYJ feststellen, dass meine Modulation zu leise ist. Das Problem lässt sich aber durch den Mic-Gain vom Funkgerät ausgleichen. Wer Interesse an weiteren Erfahrungsberichten hat, der kann ja gerne mal ein Motorrad-Sked mit mir ausmachen.

Technik Allgemein.

Ich denke es gibt hier diverse sehr unterschiedliche Kategorien. Erstmal ist die Frage mit wem man reden möchte. Reicht der Mitfahrer hinter einem? Sollen andere Motorradfahrer ansprechbar sein? Wie weit sind die Weg? Will ich vllt sogar mit anderen Menschen in Autos, Häusern oder sonst wo reden? Muss das ganze netzungabhängig sein? Wie verlässlich muss es sein? Reicht Halbduplex? Für all diese Fragen gibt es unterschiedliche Kombinationen von Antworten und Lösungen für mich sind dabei wichtige Kategorien:

  1. Kabellösungen – meißt nur für Bike-interne Kommunikation geeignet, vollduplexfähig, oft kostengünstig und platzsparend aber dafür eben verkabelt mit all den resultierenden Nachteilen.
  2. Bluetoothlösungen – für unterschiedlichste Mengen an Teilnehmern, meist vollduplexfähig, vgl. teuer, kein Kabelsalat, aber dafür Akkus die leer gehen können, Reichweiten von <1km
  3. Funk (PMR, Freenet, CB, Amateurfunk) – je nach Reichweite und Relaisabdeckung alles von 0 bis tausende Kilometer an Reichweite möglich, realistisch aber sicherlich einige 100m im Direktverkehr, meißt nur halbduplex, sehr unterschiedliche Mödlichkeiten und Lösungen

Viele reale Lösungen kombinieren diese 3 Kategorien auf die eine oder andere Weise. Meine Lösung kombiniert Punkt 1 und 3 und wird weiter unten vorgestellt. Nach all meinen Recherchen wäre eine ziemlich coole, aber teure, Lösung ein Sena SR10 mit einem Bluetooth-Headset oder ein Yaesu FTM-10. Wichtige Fragen, die man sich vor dem Kauf einer eigenen Lösung stellen sollte sind auserdem: Will ich beim Fahren eine PTT drücken müssen?014160ce59cf0a9b8dd49e19f2916fc2c1e7ed7a5b Will ich überhaupt irgendwelche Bedienung während der Fahrt realisieren? Und wenn Ja, wie passt das alles an mein Motorrad? Bluetooth Headsets können mittlerweile sehr viel, verbinden sich mit einem Smartphone, dem Navi und anderen Headsets, außerdem lassen sich die modernen Geräte bei moderaten Geschwindigkeiten auch über Sprachkommandos bedienen.  

 

Meine Lösung

Ich selber habe mich für eine Lösung entschieden, die in erster Linie auf einem Albrecht AE600S basiert. Das Gerät hat 3,5mm Klinke Anschlüsse für

  1. Fahrer (Lautsprecher und Mikrofon) für BHS Headsets
  2. Sozius (Lautsprecher und Mikrofon) für BHS Headsets
  3. >Funkgerät (Standard-Stecker 3,5mm Klinke und 2,5mm Klinke, Audio In & Out)<
  4. >PTT für das Funkgerät (Taste selbst ist wasserdicht)<
  5. Handy (Audio In & Out)
  6. Navi (Audio In)
  7. Musik (Audio In)

Das Gerät verwaltet selbstständig die Priorität von Audiosignalen und mischt diese für Fahrer und Sozius. Dabei wird zum Beispiel Musik zu Gunsten von Navi-Ansagen leiser gestellt. Die Gesprächsqualität zwischen Fahrer und Beifahrer ist bis an die 100km/h sehr angenehm und absolut zielführend, die Headsets sind einfach einzubauen und recht günstig (16-19€) dafür aber auch nicht ultra stabil. Auch über 100km/h kann man einander noch verstehen und mit meinem >ALAN 42 Multi< haben mich auch LKW Fahrer auf der Autobahn gehört und mir geantwortet. Am >Yaesu FT-1XDE< muss man die Mikrofonverstärkung hoch drehen, um ausreichend laut zu hören zu sein und einen >Adapter (CT-44)< verwenden um das Gerät anschließen zu können. Als Antenne verwende ich eine >Sommerkamp NR881-H<, die mit einem Knickgelenk bei Bedarf umgelegt werden kann. Das erweist sich als nützlich, wenn ich das Motorrad mit einer Plane abdecken will. Die Antenne ist an meinem Kofferhalter mittels einer >LKW-Spiegelhalterung< angeklemmt und das RG-58 liegt relativ versteckt unter der Sitzbank und Verkleidung bis vor zum Lenker.010970bcbe8a55117f562e65d53c5c34ffd471107e Dort führt es bis jetzt noch in den Tankrucksack, wo auch das Funkgerät ist, aber in der Zukunft, möchte ich das Funkgerät am Lenker anbringen (mit einem RAM-Mount), um bei stabiler Fahrt und oder dem kurzen Rechts-ran-fahren schnell mal den Kanal wechseln zu können oder Ähnliches. Wirklich interessant ist das für mich eigentlich nur geworden, weil ich über die PTT alleine viele Relais in Deutschland nicht auftasten kann und die Taste für den 1750Hz Ton nur am Gerät ist. Wirklich cool ist die Möglichkeit auch >APRS< mit dem Funkgerät parallel laufen zu lassen und bei Bedarf das analoge Grundrauschen durch die Nutzung von C4FM zu eliminieren. Was mich jedoch enorm stört ist, dass im DuoBand Betrieb nur die Frequenzen und nicht die Kanalnamen am Funkgerät angezeigt werden. Das ist sicherlich nicht optimal wenn man in Fremden gefilden einen zwar vorprogrammierten aber sonst unbekannten Repeater sucht.

Zum Überblick hier alle meine Bilder des SetUps:

Jedes Mal wenn ich mich mit dem Thema beschäftige, entdecke ich eine Menge Neues. Es kann also gut sein, dass die Hälfte meiner Technik jetzt schon veraltet ist, oder es tolle Neuigkeiten gibt. Wenn jemand Fragen oder Anregungen hat, bin ich gerne Bereit mein SetUp und diesen Artikel zu aktualisieren.

7 comments for “Motorradfunk – Technik und Philosophie

  1. 9. Januar 2018 at 19:59

    Hallo, toller Bericht! Da teilen wir eine Leidenschaft 😉 Auch ich bin erst 2017 dazu gekommen, endlich den Traum vom Amateurfunk auf dem Motorrad zu verwirklichen. Hier mein Bericht: http://www.mehner.info/motorradfunk-funkkrad/

    • 9. Januar 2018 at 20:09

      Hallo Uli,
      dein Bericht war mir schon bekannt und ich denke er lohnt sich für jeden Leser!
      Vielleicht funken und oder fahren wir ja irgendwann mal zusammen. Eine Truppe von Motorradfunkern auf Achse 😉
      73 DJ6KR Konrad

      • 10. Januar 2018 at 1:24

        Hallo Konrad,
        ja sehr gerne, da wäre ich dabei 🙂
        Bis dann, 73 vom Uli

  2. Bernd
    21. April 2018 at 15:28

    Hallo OM Konrad
    habe mit großem Interesse diese Zeilen hier gelesen.
    Ich würde an meiner BMW R12S, gerne ein Amateurfunkgerät einbauen.
    Im Helm habe ich eine BT-Anlage von Sena verbaut, mit Remote Control am Lenkergriff, für das Smartphone.
    Jetzt suche ich ein kompatibles Gerät. Und wo baue ich das Funkgerät ein?? Da ist kaum Platz. Ein absetzbares Bedienteil wäre also Pflicht

    Hast Du einen Tipp für mich?

    73 Bernd DL9UAS

    • 26. April 2018 at 11:54

      Hallo Bernd,

      ich denke du meinst das was ich als R1200S kenne und nicht den oldtimer R12 🙂

      Wenn du schon ein SENA System hast, kannst du wohl über das SENA SR10 nachdenken, das extra dazu gemacht wurde ein Funkgerät mit einem Bluetooth Headset zu verbinden. Es ist zwar teuer (Richtung 200€) aber löst das Problem mit dem verstauen. Für mich reicht wie gesagt ein Handfunkgerät völlig. Bei deinem Motorad vllt mit einem RAM Mount am Lenker oder an anderer Stelle fest gemacht. Wenn du lust hast Konkreter zu Fachsimpeln und noch mehr mit Ideen zu spielen, dann antworte einfach auf meine Email 🙂

      73
      DJ6KR

      • Bernd
        16. Juli 2018 at 14:56

        Hallo Konrad, sind meine letzten Mails zu diesem Thema angekommen???

        73 Bernd

  3. Ruben
    17. März 2019 at 22:17

    Hallo Konrad,

    Ich fahre auch gerne Motorrad und bin seit 2017 Amateurfunker. Also, bei mir kommt auch ein Funkgerät auf das Motorrad. Ich fahre eine BMW R100GS und werde eine Kombi machen von ein AE600s mit Yaesu VX-6 und/oder Albrecht AE2900 für die CB band. Für CB benutze ich eine No ground plane Firestik und für 2/70 Diamond NR760H.

    73 Ruben PC8R

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